Dos Estaciones - "Single-Farm" Bio-Schokoladen aus Bayern

"Dos Estaciones" ist eine neue deutsche Schokoladenmanufaktur, die 2019 gegründet wurde und seit April 2020 nach "Bean-to-Bar"-Manier hochwertige Peru-Schokolade in purer Form produziert. Die Produktionsstätte befindet sich im oberbayerischen Beilngries im Altmühltal, in der Nähe von Ingolstadt. Der Unternehmensname "Dos Estaciones" bezieht sich auf die zwei in den Tropen vorkommenden Jahreszeiten, in denen die Kakaobäume wachsen, d. h. die Regen- und die Trockenzeit.

 

Gegründet wurde die kleine Chocolaterie, die schwerpunktmäßig auf Bio-Qualität und holistische Nachhaltigkeit in Bezug auf Kakaoanbau, Direkthandel, Produktion sowie Produktverpackungen (u. a. kompostierbare Folie) setzt, vom Ehepaar Corinna und Alex Camacho. Corinna ist gelernte Konditormeisterin und seit langem leidenschaftliche Schokoladen-Enthusiastin.

 

Das noch sehr kleine Unternehmen spezialisiert sich auf dunkle "Single-Farm" Feinschmecker-Schokoladen (60 und 74 Prozent Kakaoanteil, ohne Emulgatoren), die nur mit nachhaltig und zertifiziert ökologischen Peru-Edelkakaobohnen auf traditionelle Weise in einem Melangeur mit Mahlsteinen hergestellt werden. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch vorgeraspelte Trinkschokoladen-Kuvertüre, Kakaoschalentee, geröstete und gebrannte Kakaonibs (d. h. nach dem Prinzip von gebrannten Mandeln mit Zucker karamelisiert) sowie hausgemachtes Müsli mit Kakao an.

 

Für alle Schokoladenprodukte werden ausschließlich Bio-zertifizierte Kakaobohnen von der peruanischen Bio-Plantage "Fundo Quoya" aus dem kleinen Ort Chazuta verwendet. Die Familien-Farm gehört ihren Freunden Oliver und Luz, die Corinna und Alex auf einer Südamerika-Reise kennengelernt haben. Dort hat das Chocolatier-Ehepaar eine Zeit lang mitgearbeitet, um mehr über Kakaoanbau zu erfahren. Die Kakaobäume (darunter befinden sich auch alte, traditionelle Nativo-Sorten) werden nach agroforstwirtschaftlichen Methoden, in Mischkultur, zusammen mit anderen Pflanzen wie Theobroma Bicolor, Zitronen, Bananen etc. angebaut. Außerdem arbeiten die Betreiber von "Fundo Quoya" zusätzlich mit den Kakaobauern aus ihrer Region zusammen, indem sie sich unter anderem bei Erntepraktiken oder der Fermentation und Trocknung des Kakaos gegenseitig unterstützen.

 

Die etwa 250 m über dem Meeresspiegel gelegene Bio-Farm "Fundo Quoya" befindet sich im Distrikt Chazuta in der Region San Martin. Der Ort befindet sich ca. eine Stunde süd-östlich von Tarapoto, in der Nähe des zum Amazonas gehörenden Rio Huallaga Nebenflusses. Aufgrund der Nähe zum Wasser sind Boote das Hauptverkehrsmittel in Chazuta. Auch der aus dieser Region stammende Kakao wird übers Wasser transportiert.

 

Die Chazuta Single-Farm-Schokoladen bekommt man am besten direkt über den firmeneigenen Onlineshop von "Dos Estaciones", mittlerweile aber auch in weiteren Schokoladengeschäften wie z. B. "Chocolats-de-luxe".

 

 Schokoladentests: Single-Farm Peru-Schokoladen von "Dos Estaciones"

 

Meine Bewertungskriterien:

(A) Duftaromen: 25 / 25 Punkte

(B) Geschmacksaromen: 50 / 50 Punkte

(C) Optik: 2 / 2 Punkte

(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte

(E) Zutaten: 10 / 10 Punkte

(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte

(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte

 

Dos Estaciones - Peru/Chazuta 74%

 

MHD: 21.08.2021

Charge: 11

Erntejahr: 2019

Kakaoherkunft: Peru, Region "San Martin", Ort "Chazuta", Farm "Fundo Quoya"

Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten

 

A) Duftaromen: intensive Fruchtnoten (v. a. rote Früchte: Trauben, Pflaumen, Beeren) mit melassigen und vegetabil-blumigen Akzenten, leicht holzig, dezente malzig-nussige Anklänge 23/25

B) Geschmacksaromen:  zuerst vegetabil-kräuterige und bitter-holzige Akzente; Hauptteil prägnant fruchtig (v. a. Noten von roten Trauben, roten Trauben und schwarzen Johannisbeeren) und malzig-nussig mit holzigen, dezent melassigen und unterstützenden kräuterig-blumigen Akzenten; Abgang kräuterig-holzig und bitter-adstringierend, Nachgeschmack tanninig-holzig mit kakaobetonten Bittertönen 43/50

C) Optik: ohne erkennbare Mängel 3/3

D) Textur: einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3

E) Zutaten: Kakaomasse, Rohrohrzucker, Kakaobutter: perfekt 10/10

F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion, Verwendung von hochwertigem Single-Farm Edelkakao aus nachhaltigem Bio-Anbau, faire und direkte Partnerschaft mit Kakaobauern 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 91/100

 

Fazit: Die 74-prozentige Chazuta-Schokolade zeigt schwerpunktmäßig einen prägnanten pflaumig-beerigen Rote-Früchte-Charakter, der zusätzlich von fruchtbetont-säuerlichen Noten von schwarzen Johannisbeeren und Trauben getragen wird. Außerdem sind unterstützende malzig-nussige, melassige sowie leicht an Ecuador-Kakao erinnernde kräuterig-blumige Akzente präsent. Anhand des rassig-tanninigen, auf Fruchtigkeit beruhenden Aromenprofils wir hier klar und deutlich der ursprüngliche Kakaobohnen-Charakter in den Vordergrund gestellt. Man merkt der Schokolade dementsprechend deutlich an, dass die Kakaobohnen keineswegs stark geröstet, sondern bewusst besonders schonend behandelt wurden. Im Abgang wird sie zwar deutlich adstringierender und es kommen unverkennbare, allerdings nicht allzu sehr störende Bittertöne mit Holz-Anklängen hervor, sodass man alles in allem die Schokolade als eine mit viel Liebe gemachte, interessant und vielschichtig fruchtbetonte sowie aromatisch in die Tiefe gehende Single-Farm Schokolade bewerten kann, die man als Schokoladen-Feinschmecker unbedingt probiert haben sollte. Was die zum Ende hin dominanter werdenden Bitterakzente anbelangt, vermute ich, dass diese mehr oder weniger auf die natürlich vorkommenden organoleptischen Eigenschaften der Kakaobohnen von Chazuta zurückzuführen sind. Möglicherweise könnte ein noch längeres Conchieren oder eine etwas kräftigere Röstung die Bitterstoffe stärker abmildern bzw. vielleicht gibt es auch in den Nachernteprozessen auf der Farm in Chazuta Verbesserungspotenzial, um das Aromenprofil noch milder zu gestalten. Denn eine stärkere Röstung wäre meiner Ansicht keine gute Lösung. Alle essenziellen Kakao-Aromen wären dann hinüber oder zumindest schwächer ausgeprägt.

Wer intensive, tanninige Fruchtigkeit in Kombination mit holzig-vegetabilen Kräuter-Noten und einer rassigen, eher im positiven Sinne fungierenden Kakao-Bitterkeit liebt, der wird an diesem Produkt auf jeden Fall Gefallen finden.

 


Dos Estaciones - Peru/Chazuta 60%

 

MHD: 21.08.2021

Charge: 12

Erntejahr: 2019

Kakaoherkunft: Peru, Region "San Martin", Ort "Chazuta", Farm "Fundo Quoya"

Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten

 

 

A) Duftaromen: prägnante vegetabil-blumige Noten inkl. intensiver roter Fruchtakzente (Pflaumen, Beeren, Kirschen), dezente Melassen-Töne 22/25

B) Geschmacksaromen: zuerst kräuterig-melassige und karamellige Akzente; Hauptteil kräuterig-karamellig und dezent pflaumig-kirschig mit melassigen und leicht minzigen Noten, leichte Holz-Anklänge; Abgang kräuterig-vegetabil und karamellig; Nachgeschmack kräuterig-holzig und leicht würzig mit Umami-Anklängen, Adstringenz relativ leicht ausgeprägt 43/50

C) Optik: ohne erkennbare Mängel 3/3

D) Textur: einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3

E) Zutaten: Kakaomasse, Rohrzucker, Kakaobutter: perfekt 10/10

F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion, Verwendung von hochwertigem Single-Farm Edelkakao aus nachhaltigem Bio-Anbau, faire und direkte Partnerschaft mit Kakaobauern 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 90/100

 

Fazit: Die süßere Chazuta-Schokolade mit 60 Prozent Kakaoanteil sticht im Vergleich zur 74-prozentigen Variante mit deutlich weniger Fruchtigkeit, sondern stattdessen mit einem intensiv vegetabilen Kräuter-Karamell-Charakter heraus, der von melassigen, würzigen und minzigen Anklängen begleitet wird. Ihre deutlich leichter zum Vorschein tretende Fruchtigkeit zeigt sich in Form von dezenten Andeutungen von Pflaumen und Kirschen. Diese leichten Fruchtausprägungen entwickeln sich im späteren Verlauf, nachdem der karamellige Kräuter-Grundton etwas abgeklungen ist. Aufgrund des niedrigeren Kakaogehalts sind ihre adstringierenden Eigenschaften wie auch Bittertöne deutlich schwächer ausgeprägt. Auch diese Peru-Schokolade ist eine in jeder Hinsicht vorbildlich gemachte Amazonas-Delikatesse. Aufgrund ihres höheren Süßegrads eignet sie sich sicherlich sehr gut für Einsteiger, die qualitative Ursprungs-Schokoladen kennenlernen möchten, aber noch nicht an kräftigere Kakao-Aromen mit ausdrucksstärkeren Tanninen von besonders hochprozentigen Schokoladen gewohnt sind.

 

 

Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladen-Blogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.

Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladenempfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann.

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