Was ist Fairer Handel?
Welche Ziele verfolgt ein authentischer Fairer Handel besonders im Hinblick auf Kakaoanbau? Generell ist die Zielsetzung, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kakaobauern durch bessere Handelsbedingungen insoweit zu verbessern, dass ihnen ein respektables Existenzminimum gewährleistet wird. Der schwankende Weltmarktpreis für Kakao spielt dabei eine maßgebliche Rolle, weil er zur Verarmung der Bauern führt, die folglich unter elendsten Bedingungen leben müssen. Wen das Thema der schwankenden, oft unfairen, Kakaopreise und der damit einhergehenden Zusammenhänge interessiert, dem kann ich hierzu einen interessanten Podcast von Simran Sethi wärmstens empfehlen. Die US-amerikanische Slowfood-Journalistin, die unter anderem auch Autorin des populären Buches "Bread, Wine, Chocolate" ist, ist jüngst besonders für ihre umfassende Podcast-Reihe "Slow Melt" über nachhaltige Feinschmecker-Schokoladen weltweit bekannt.
Das Prinzip des Fairen Handels beruht auf drei Hauptpfeilern, die ökonomische, soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen. Unabhängig von den stark schwankenden Kakaopreisen auf dem Weltmarkt legt man daher garantierte und respektable Mindestpreise fest. Zwischenhändler werden sowieso ausgeschaltet. Aktuell zahlt Fairtrade pro Tonne Kakao 2000 $. Hinzu kommt noch eine Fairtrade-Prämie von 200 $ sowie finanzielle Zuschläge bei Bio-Anbau. Würde der Weltmarktpreis den Fairtrade-Mindestpreis übertreffen, so würde man den Erzeugern entsprechend auch den höheren Betrag zahlen. Zudem gibt es weltweit nur einen einzigen Mindestpreis, unabhängig von der Herkunft und Qualität des Kakaos, was der komplexen Marktsituation nicht gerecht wird. Eine differenzierte Betrachtungsweise, egal ob es sich um südamerikanischen Edelkakao oder westafrikanischen Massenkakao handelt, findet bei Fairtrade Deutschland nicht statt.
Unabhängig von den international festgelegten Mindeststandards gibt es aber auch Schokoladenhersteller, die sich voller Überzeugung für fairen Kakaohandel einsetzen, und daher ohnehin die allgemeinen Mindestkriterien übertreffen. So leisten sie einen deutlich höheren Beitrag in ökonomischen, sozialen und ökologischen Fragen. Im Gegenzug belohnen die zufriedenen und motivierten Kleinbauern die Chocolatiers mit qualitativ bestmöglichen Kakaobohnen.
Vorbildliche Fairtrade-Unternehmen: Ethiquable und Gepa
Der Trend zu fairtrade-zertifizierter Schokolade ist ersichtlich - die Nachfrage von Kunden scheint immer größer zu sein. Ein Schritt in die richtige Richtung ist es allemal, in vielen Fällen aber noch immer ungenügend. Häufig ist die Wertschöpfungskette nicht nachvollziehbar und die Produktionskette kann nicht oder nur teilweise zurückverfolgt werden. Die höheren Fairtrade-bedingten Preise kommen noch viel zu wenig bei den Hauptakteuren an - den Kakaobauern selbst. Denn durch hohe Zertifizierungs- und Bürokratiekosten bleibt fast nichts mehr übrig am Ende der Wertschöpfungskette. So profitieren die Bauern davon nicht oder nur sehr wenig und die Finanzierung von vorgesehenen Sozial- oder Wirtschaftsprojekten vor Ort bleibt auf der Strecke. Nichtsdestotrotz es ist auch nicht angebracht, alle Fairtrade-Unternehmen in einen Topf zu werfen. Denn es gibt selbstverständlich auch Handelsbetriebe im Bereich fair gehandelter Produkte, die mit allumfassenden Konzepten ambitionierte Ziele mit Herz und Seele verfolgen. So wird neben einer direkten Zusammenarbeit mehr Wertschöpfung vor Ort angestrebt, indem unter anderem schwerpunktmäßig soziales und solidarisches Wirtschaften in den Kooperativen durch gemeinsam durchgeführte Projekte gefördert wird. Entwicklungsspezifische Unabhängigkeitsmaßnahmen sollen Vorteile verschaffen. Zum Beispiel werden gezielt mehrere Produktionsschritte in die Orte der Kooperativen verlagert, in dem erforderliche Gebäude gebaut sowie Maschinen und Geräte angeschafft werden.
Als Pionier in diesem Sektor nimmt ohne Zweifel das Unternehmen "Gepa" eine Sonderstellung ein - neben wenigen anderen seriösen Unternehmen wie Ethiquable, El Puente, Original Food, dwp etc.
Einen vergleichbar guten Fairtrade-Ansatz auf einem ähnlich hohen Niveau wie Gepa demonstriert meines Erachtens auch die französische Genossenschaft "Ethiquable", das seit 2009 auch ihren Sitz in Deutschland hat. Deren Angebot an dunklen Ursprungsschokoladen aus Ländern wie Peru, Ecuador, Nicaragua oder Madagaskar, die vom auf Fremdherstellung spezialisierten Schokoladenhersteller ICAM in Nord-Italien produziert werden, weisen meiner Meinung nach ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis auf. In der Preisklasse bis etwa 3 Euro pro 100-Gramm-Tafel sind die aromatischen Dunkelschokoladen von Ethiquable geschmacklich bisher von niemandem zu toppen - durchschnittlich 2, 29 Euro kostet eine 100-Gramm-Tafel. Die relativ kundenfreundlichen Preise erklären sich anscheinend durch die vergleichsweise hohen Produktionsmengen. Sonst würde sich die Produktion für den italienischen Kakaoverabeiter nicht lohnen. Grundsätzlich haben mich alle Single-Origin-Schokoladen von Ethiquable von ihren interessanten Aromen und der puren Machart her, was die verwendeten Zutaten betrifft, definitiv überzeugt. Wenn ich aber nur eine der vielen guten Ethiquable-Produkte nennen müsste, dann ist mein persönlicher Favorit die angenehm milde nussig-fruchtige Sorte Nicaragua mit 75 Prozent Kakaoanteil. Wie bei den allermeisten verwendeten Kakaobohnen in den Ethiquable-Schokoladen, stammt auch dieser edle Kakao aus einer Kleinbauernkooperative, die ihn nach agroforstwirtschaftlichen Methoden kultiviert. Nicaraguanische Kakaobauern der Kooperative Cacaonica schützen im Norden des Landes die in der Region Waslala wachsende Kakaopflanze in kleinen Mischkultur-Parzellen und somit gleichzeitig den dortigen Regenwald.