François Pralus - Französische Schokoladen-Klassik

Die französische Schokoladenmanufaktur von François Pralus kann auf eine lange Traditionsgeschichte zurückblicken und gehört daher neben weltbekannten Firmen wie Bonnat, Michel Cluizel, A. Morin oder Valrhona zu den fest etablierten Feinschmecker-Schokoladenherstellern und Altmeistern Frankreichs. Seit 1948 gibt es das Unternehmen, das zu jenem Zeitpunkt von Auguste Pralus zuerst als reine Patisserie gegründet wurde.

Der Sohn von Auguste, François Pralus, führt seit vielen Jahren als aktueller Geschäftsführer die Firma in zweiter Generation erfolgreich weiter. Nachdem der Franzose in jungen Jahren Ende der siebziger Jahre eine Ausbildung zum Chocolatier beim angesehenen Schokoladenmeister Maurice Bernachon in Lyon absolviert hatte, bekam er die Inspiration, sich später auf Gourmetschokoladen aus qualitativen Kakaosorten zu spezialisieren. Bevor er sich letztendlich diesem Projekt in den neunziger Jahren vollständig gewidmet hat, durchlief er vorher mehrere Stationen als Chef-Patissier in unterschiedlichen Spitzenrestaurants.

 

In der heutigen größenmäßig überschaubaren Schokoladenfabrik mit etwa 50 Mitarbeitern werden daher, um eine höchstmögliche Qualität zu gewährleisten, seit Anfang alle Herstellungsschritte ab Empfang der rohen Kakaobohnen selbst durchgeführt. Seit 2003 besitzt Pralus sogar seine eigene Kakaoplantage im Nordwesten Madagaskars, auf der kleinen Insel Nosy Be. Auf der 17 ha großen Anbaufläche wurden rund 25.000 Kakaobäume der edlen Criollo-Sorte gepflanzt. Mithilfe von inzwischen 50 Plantagenhelfern wird der Kakao dort in Mischkulturen und mit ökologischen Methoden kultiviert. Ob aber in der aus dem Pralus-Sortiment populärsten Schokolade mit Madagaskar-Kakao inzwischen auch Kakaobohnen aus Nosy Be verwendet werden, oder weiterhin ausschließlich Bio-Kakao von der berühmten Madagaskar-Plantage des Schweden Bertil Akesson, ist mir nicht ersichtlich, weil es nicht explizit nach außen kommuniziert wird. Öffentlich ist zumindest bekannt, dass seit 2012 auf der Plantage von Nosy Be Kakaofrüchte geernet werden.

 

Typisch François Pralus: Mild-buttriger Schmelz und kräftige Espresso-ähnliche Kakaoröstung

 

Die Bean-to-Bar Produktionsstätte von Pralus befindet sich in Roanne, in der Nähe von Lyon. François Pralus bietet eine große Auswahl an unterschiedlichen Single-Origin-Schokoladen an, die allesamt immer einen Kakaogehalt von 75 Prozent aufweisen. Ein charakteristisches Markenzeichen bei den dunklen Schokoladen ist ihr etwas kräftigerer, röstbetonter Grundgeschmack, der durch eine bewusst stärkere Röstung der Kakaobohnen herrührt. Vergleichbar ist Pralus' Röstansatz in etwa mit der beim typischen Espresso-Kaffee befolgten Herangehensweise. Geschmacklich sind auch die kräftigeren Röstprofile in den Dunkelschokoladen unverkennbar, wobei ich in den letzten Jahren nach regelmäßiger Verkostung eine inzwischen behutsamere Röstung festgestellt habe. Das soll aber nicht unbedingt bedeuten, dass die Schokoladen von schlechter Qualität sind, im Gegenteil - nichtsdestotrotz verfügen die meisten Ursprungs-Schokoladen über interessante und wohlschmeckende Aromenprofile. Gleichzeitig sind  bis auf wenige Ausnahmen alle angebotenen Sorten erstaunlich mild und kaum bitter. Ein Grund der vergleichsweise milden Geschmackseigenschaften ist neben der Verwendung von ausschließlich hochqualitativen Kakaobohnen unterschiedlicher Provenienzen wohl auch der relativ hohe Einsatz an zusätzlich hinzugefügter Kakaobutter. Denn in einer 75-prozentigen Pralus-Schokolade machen in der Regel rund 10 Prozent des Zutaten-Gesamtanteils Kakaobutter aus. Das ist im Vergleich zu den meisten qualitätsbewussten Chocolatiers außerhalb Frankreichs vergleichsweise viel. Auch der Franzose Stéphane Bonnat fügt viel Kakaobutter hinzu. Dadurch erhalten die Schokoladen einen bemerkenswert feinbuttrigen Schmelz, wodurch sie aber auch bei höheren Außentemperaturen schneller weicher werden und leichter zu schmelzen beginnen. Und durch den Einsatz von Soja-Lecithin (selbstverständlich gentechnikfrei) werden die an Butter erinnernden Schmelzeigenschaften sogar noch verstärkt. Es werden aber keine Aromen und auch keine Vanille verwendet, damit die Aromen der verwendeten Kakaos in den Schokoladen besser zur Entfaltung kommen können.

 

Gerade wegen der buttrig-milden Charakteristika sind die dunklen Ursprungs-Schokoladen von Pralus unter Feinschmeckern besonders beliebt. Für langjährige Schokoladenkenner oder Hardcore-Kakaopuristen, die größeren Wert auf intensivere und komplexere Aromen und leichtere Kakaobohnenröstungen legen, sind sie manchmal schon oft zu mild und zu unspektakulär ausgebaut. Die Produkte bieten aber ein bemerkenswertes Preis-Leistungs-Verhältnis. Denn zwischen 5 und 6 Euro kostet eine große 100-Gramm-Tafel, was im Gourmet-Sektor noch vergleichsweise günstig ist. Die Schokoladen von Pralus sind in Deutschland relativ gut verfügbar, besonders über das Online-Angebot von einigen Schokoladengeschäften wie z. B. bei "Feine Schokolade Dressler", "Xocoatl" oder "Winterfeldt Schokoladen" etc.

Auch auf internationalen Schokoladenwettbewerben werden die Ursprungs-Schokoladen von Pralus ab und zu von der Jury ausgezeichnet, wie zuletzt im Rahmen des "European Bean-to-Bar Competition 2018" in Amsterdam.

 

Praluline - weltberühmte Butterbrioche mit in Rosenzucker kandierten Haselnüssen und Mandeln

 

Man mag zwar denken, dass sich bei Pralus alles nur um Schokolade dreht, weltberühmt wurde das Unternehmen jedoch vor allem wegen der 1955 vom Firmengründer Auguste Pralus erfundenen "Praluline". Dabei handelt es sich um ein mit viel Butter hergestelltes Brioche-artiges Süßgebäck, welches mit vielen süßen Valencia-Mandeln und Piemonteser Haselnüssen gefüllt ist. Die darin enthaltenen gerösteten Mandel- und Haselnusstücke sind zusätzlich mit einer besonderen Rosenzucker-Glasur umhüllt. Die Zutatenliste der Backware ist sehr vorbildlich und natürlich ohne Zusatzstoffe - simpel, puristisch und kurz: Mehl, Eier, Butter, Zucker und sonst nichts. Das süße Nuss-Brötchen ist derart beliebt, dass an einem einzigen Samstag üblicherweise über 800 Stück verkauft werden. Auch Kunden aus aller Welt bestellen regelmäßig die süße Spezialität, die nach wie vor sehr gefragt ist und als Bestseller des französischen Schokoladenmeisters gilt.

 

Weltklasse Nougat-Spezialität:

Intensives Pistaziennougat umhüllt von dunkler 75%-Schokolade

 

François Pralus ist darüber hinaus bekannt für seine geschmacklich herausragenden und nicht übersüßten Nougatspezialitäten, die er in Form von riesigen 160-Gramm Schokoladenbarren vor allem aus Pistazien, Haselnüssen und Mandeln herstellen lässt. Die Nougatfüllung, die einen hohen Nussanteil hat, wird in einem 50:50 Verhältnis mit dunkler 75%-Schokolade überzogen. Von den mehreren Sorten ist meines Erachtens besonders das bemerkenswert aromatische Pistaziennougat hervorzuheben, das nur aus drei Zutaten besteht: Pistazien, Zucker, Kakaobutter. Zusätzlich beinhaltet das Nougat Pistazienstücke innen drin. In Kombination mit der klassischen, kräftig schokoladigen Dunkelschokolade ergibt sich ein unvergessliches Geschmackserlebnis. Ein qualitativ hochwertigeres Pistaziennougat als das von Pralus habe ich bisher nicht kennengelernt. Da auch die Pistazienpaste einen vergleichsweise niedrigen Zuckergehalt hat, ist die Delikatesse in Verbindung mit der kakaointensiven Schokolade auch ein Probiertipp für jeden Bitterschokoladen-Fan. Aktuell ist das pistazienhaltige Feinschmecker-Produkt in Deutschland z. B. in folgenden Geschäften online erhältlich: "Feine Schokolade Dressler", "Xocoatl", "1001Sense".

 

Produkt-Neuheit von Pralus mit Koffein-Kick:

Kaffee-Schokolade - ganz ohne Kakaobohnen

 

Ein weiteres interessantes Produkt von Pralus, das nur indirekt etwas mit einer klassischen Dunkel- oder Milchschokolade zu tun hat, ist eine erst kürzlich, genauer gesagt im Frühjahr 2018, eingeführte Kaffee-Schokolade. Es handelt sich um ein gemeinschaftliches Projekt mit François' Freund, Vincent Ferniot, einem im Gastronomiebereich aktiven Fernsehmoderator, der gleichzeitig ein großer Kaffee-Enthusiast ist und den Chocolatier auf diese originelle Idee gebracht hat. Da Kakaobohnen darin nicht enthalten sind, handelt es sich im offiziellen Sinn um keine echte Schokolade. Anstelle von gerösteten Kakaobohnen, die anschließend im Melangeur zur Kakaomasse vermahlen werden, werden Arabica-Kaffeebohnen verwendet und nach einem vergleichbaren Herstellungsprinzip verarbeitet sowie zusammen mit Zucker, Kakaobutter und etwas Sojalecithin vermischt. Außerdem gibt es noch eine Milch-Kaffee-Variante, wo zusätzlich Milchpulver hinzugegeben wird. Allerdings ist anzumerken, dass Pralus nicht als Erfinder der Kaffee-Schokolade gilt. Denn schon vor etlichen Jahren haben bereits einige Schokoladenhersteller vor allem in den USA mit Kaffeebohnen herumexperimentiert und derartige Kaffee-Schokoladen auf den Markt gebracht.

Da Kaffee bekanntermaßen deutlich mehr Koffein als Kakao von Natur aus enthält, ist meiner Meinung nach allerdings vor einem übermäßigem Verzehr Vorsicht geboten. Denn eine ganze Tafel dunkler Schokolade, auch wenn sie mit viel Kakao hergestellt wird, kann man theoretisch bedenkenlos auf einmal konsumieren, ohne dass dadurch unerwünschte Nebenwirkungen zu erwarten sind. Im Falle von Kaffee, besonders wenn man kein Kaffeetrinker ist, erzielt man eine Überdosierung deutlich leichter. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auf der Zutatenliste Kaffeebohnen an erster Stelle stehen (33 - 50% des Gesamtinhalts sind anzunehmen) ist es meinen Berechnungen zufolge durchaus wahrscheinlich, dass eine ganze 50 Gramm Kaffee-Tafel eine Koffeinmenge enthält, die ungefähr der von zwei bis drei großen Tassen Filterkaffee entspricht.

Das Schokoladenunternehmen von François Pralus scheint äußerst erfolgreich sein, was man anhand der insgesamt 14 Schokoladen-Boutiquen, davon vier Geschäfte in Paris, die in Frankreich verstreut sind, gut nachvollziehen kann. Der Franzose engagiert sich auch in soziale Projekte an den Orten, aus welchen er die Kakaobohnen von den Bauern in fairer und direkter Zusammenarbeit bezieht. So unterstützt der Chocolatier zum Beispiel eine lokale Schule auf Madagaskar, die sich in der Nähe seiner Plantage befindet, indem er den Kindern unter anderem das Schulmaterial finanziert.

 

Schokoladentests: Single-Origin-Schokoladen von François Pralus

 

Meine Bewertungskriterien:

(A) Duftaromen: 18 / 18 Punkte

(B) Geschmacksaromen: 48 / 48 Punkte

(C) Optik: 3 / 3 Punkte

(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte

(E) Zutaten: 18 / 18 Punkte

(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte

(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte

 

François Pralus - Madagaskar 75%

 

MHD Charge 14/09/2019

Kakaoherkunft: Madagaskar, Sambirano-Tal, vermutlich Akesson-Plantage bzw. Mischung mit Kakao aus Pralus-Plantage auf Insel Nosy Be

Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Selektion (v. a. Criollo)

 

A) Duftaromen: Trockenfrüchte, Beeren, Zitrusfrüchte, leichte Nussnoten 14/18

B) Geschmacksaromen: geröstete Nüsse, dunkles Schoko-Nougat, intensive, süß-marmeladige Fruchtaromen (rote Beeren, Zitrusfrüchte), Abgang nussig, Nachgeschmack leicht fruchtig mit Nuss-Nougat-Akzent 44/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter, Sojalecithin (gentechnikfrei): sehr gut 18/18

F) sehr gut: vorbildliche Pionierarbeit im Bean-to-Bar Bereich, großes Engagement und direkte Zusammenarbeit mit Kakaopartner, nachhaltiger Kakaoanbau mit Agroforst-Methoden 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 92/100

 

Fazit: Zweifellos handelt es sich hier um eine charakteristische Madagaskar-Schokolade mit ihren ausdrucksstarken Fruchtaromen von roten Beeren und Zitrusfrüchten, die derart mild und süß herausgearbeitet sind, dass sie einen marmeladigen Geschmackseindruck hinterlassen. Parellel verfügt sie über sehr wohlschmeckende Noten von Nuss-Nougat, die an ein kräftiges und kakaointensives Gianduja erinnern. Im aromatischen Kulminationspunkt ergibt sich dadurch eine interessante Gesamtkomposition von in Schoko-Nougat umhüllten Beerenfrüchten. Die Schokolade ist sehr mild, intensiv fruchtig, kaum bitter und gleichzeitig elegant schokoladig mit ausdrucksstarken Röstaromen von Nüssen - was will man mehr? Meiner Meinung nach ist sie wirklich empfehlenswert - und nicht nur für Madagaskar-Fans - umso mehr wegen ihres unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnisses. Gleichzeitig ist es neben der Brasilien-Sorte eine der bestschmeckendsten Ursprungs-Schokoladen aus dem Pralus-Sortiment.

 

François Pralus - Brasilien 75%

 

MHD Charge 25/04/2019

Kakaoherkunft: Brasilien, (Süd-)Bahia, Atlantischer Regenwald, Fazenda Monte Alegre von Diego Badaro (Itacaré)

Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Selektion (v. a. Forastero-Varietäten)

 

A) Duftaromen: Butterbiskuit, Noten von Sahne und Buttermilch, nussige Anklänge, dezente Fruchtnoten (v. a. Trauben) 14/18

B) Geschmacksaromen: zu Beginn nussig, dezente Kaffeenoten, Mix mit Anklängen von gerösteten Nüssen, Holz, Rahm, Kefir und Biskuit, dezente Fruchtnoten (Trauben, rote Früchte, Zitronen), leicht olivig, Abgang nussig-kaffeig und leicht beerig, Tonic-Nachgeschmack 44/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter, Sojalecithin (gentechnikfrei): sehr gut 18/18

F) sehr gut: vorbildliche Pionierarbeit im Bean-to-Bar Bereich, großes Engagement und direkte Zusammenarbeit mit Kakaopartner, ökologischer, agroforstwirtschaftlicher Kakaoanbau 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 92/100

 

Fazit: Meiner Meinung nach ist die Brasilien-Schokolade die derzeit am interessantesten schmeckende und zugleich die aromatisch vielschichtigste Ursprungssorte von François Pralus - wahrlich ein meisterliches Prachtstück mit einer sehr überzeugenden Mischung vieler unterschiedlicher Aromen, welcher man in dieser Kombination ansonsten nicht oft begegnet. Die nussbetonte Schokoladen verfügt neben Kaffee- und Biskuitnoten ein geschmackliches Nebeneinander von Rahm, süßer Butter, Kefir, fruchtigen Trauben- und Zitronenaromen sowie leichten Oliven-Anklängen - all dies ergibt ein fulminantes Aromenfeuerwerk, das ich jedem Schokoladen-Liebhaber ans Herz lege. Ihr beeindruckendes Geschmacksprofil ist nicht verwunderlich, zumal die im Atlantischen Regenwald Brasiliens von Kleinbauern nachhaltig angebauten Kakaobohnen für ihre hohe aromatische Qualität bekannt sind. Es mag zwar noch gelungenere Schokoladen mit intensiver hervorgehobenen Aromen geben, aber die Brasilien-Schokolade eignet sich hervorragend zum reuelosen Genießen. Eine Form von Genuss, die kaum in Worte gefasst werden kann. Man muss es einfach selbst erlebt haben.

 

 

Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladenblogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.

Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladenempfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann. Am leichtesten bekommt man die Schokoladen von Pralus in Onlineshops von folgenden Schokoladenfachgeschäften wie z. B. bei "Feine Schokolade Dressler", "Xocoatl" oder "Winterfeldt Schokoladen" etc.