Amaro - italienische Gourmetschokoladen von Ex-Weinspezialisten

Der Italiener Marco Colzani stellt erst seit 2016 aromatische Feinschmecker-Schokoladen aus bestmöglichen Edelkakao-Varietäten her. Erfreulicherweise ist die hohe Qualität und die Aromentiefe der Produkte von Anfang an beeindruckend, was ich kürzlich selbst feststellen durfte. Der gelernte Önologe und studierte Agronom geht bei seiner Produktionsweise seinen eigenen kompromisslosen Weg: nach dem Vorbild der Weinherstellung und den damit zusammenhängenden Prozessen und Faktoren (Terroir, Fermentierung, Tannine, Zuckergehalt) fokussiert sich Marco Colzani verstärkt auf die Hervorhebung der Aromenvielfalt der Kakaosorten.

Der italienische Schokoladenhersteller verbrachte seine Kindheit in einer Bäcker- und Konditorfamilie in der Lombardei in der Nähe von Mailand. Nach einem Studium der Agrarwissenschaften mit Schwerpunkt Weinbau arbeitete er zuerst einige Jahre als Winzer - weit weg von seinem Heimatort in Norditalien am Comer See entfernt - bis er schließlich soviel Heimweh verspürte, dass er nach Cassago Brianza zurückkkehrte und sich der Schokoladenherstellung widmete. Und in diesem kleinen lombardischen Städtchen befindet sich auch seine auf Handwerkskunst basierende und überschaubare Produktionsstätte. Dort verbindet er seine neue Leidenschaft zur aromatischen Kakaovielfalt, die er zurecht mit der bei der Weinherstellung gängigen Weintrauben-Diversität je nach Anbaugebiet vergleicht, zusammen mit seinen önologischen und konditorischen Kenntnissen und handwerklichen Fähigkeiten. Seine Herangehensweise bei der Schokoladenproduktion ist demzufolge so puristisch wie es nur geht, d. h. die Schokoladen bestehen nur aus feinvermahlenen Kakaobohnen und Rohrzucker. Auf Emulgatoren oder zusätzliche Kakaobutter verzichtet er vollständig. Aus diesem Grund bezeichnet er seine Gourmetschokoladen wohl zurecht als "gesüßten Kakaobohnensaft". So besitzen seine Produkte im Vergleich zu solchen Schokoladenherstellern wie Bonnat oder Pralus, die sich wegen eines verhältnismäßig hohen Kakaobuttereinsatzes durch fettreichere Schokoladen auszeichnen, insgesamt weniger Kakaofett. Durch den in den Kakaobohnen natürlich vorkommenden Kakaobutteranteil von etwa 50 Prozent enthält dann eine klassische 70-Prozent-Schokolade immerhin noch durchschnittlich 37 Prozent Fett, was immer noch für eine gute Geschmeidigkeit und Fließfähigkeit ausreicht. Das Schmelzverhalten ist dadurch zwar verlangsamt, verschafft aber gleichzeitig Vorteile für eine intensivere Aromenentfaltung. Auch ansonsten vertritt der Italiener seine selbsterwählte Maxime, alle Verarbeitungsprozesse äußerst schonend handzuhaben, um so viel wie möglich vom authentischen Geschmack der verschiedenen Kakaosorten zu erhalten. Deshalb werden die Kakaobohnen mit größter Sorgfalt behutsam geröstet und anschließend alle Mahl- und Conchierprozesse möglichst kurz gehalten - also nur so viel wie nötig.

 

Marco Colzani - Newcomer wirbelt Italiens alteingesessenes Schokoladen-Establishment auf

 

Schon als Kind und Jugendlicher legte Marco Colzani größten Wert auf authentische und natürliche Geschmäcker, die die Natur zu bieten hat. Als er zum Beispiel während seiner Jugendzeit eine Pfirsichmarmelade eines berühmten italienischen Konfitürenherstellers probierte, stellte er fest, dass das Industrieprodukt kaum mit dem Geschmack frischer Pfirsiche zu vergleichen war. Daraufhin schrieb er einen Brief an das Großunternehmen mit genau dieser Frage, woraufhin er die Antwort bekam, dass aus betrieblich bedingten Automatisierungsgründen nicht vollreife Früchte verwendet werden können. Diese Erfahrung machte den Jungen damals stutzig und prägt ihn bis heute. Nach dem gleichen Prinzip wie seine Schokoladen fertigt er daher auch erlesene Konfitüren und Säfte aus regionalen, hochwertigen und nur vollreifen Früchten. Süße Gianduja-typische Brotaufstriche mit einem hohen Anteil von qualitativen und regionsspezifischen Mandeln, Haselnüssen und Pistazien aus eigener Herstellung bietet der Italiener ebenso an.

 

Während eines Städtetrips in Rom besorgte ich mir sechs unterschiedliche Herkunftsschokoladen von Marco Colzani, die ich in dem Spezialitäten-Feinkostgeschäft "Namastey" in der Nähe des Pantheons ergattert habe. Da die Amaro-Schokoladen bislang in Deutschland, abgesehen von zwei Schokoladen-Onlineshops, schwer verfügbar sind, habe ich die Gelegenheit vor Ort genutzt.

Im Folgenden gebe ich meine persönliche Meinung (Punktebewertung) zu sechs Single-Origin-Schokoladen (Porcelana Venezuela 70%, Trinidad Moruga 70%, Kolumbien Cimitarra 75%, Kuba Baracoa 75%, Elfenbeinküste 70%, Dominikanische Republik Öko Caribe 72%) aus dem Amaro-Sortiment, die einen aus meiner Sicht repräsentativen Überblick und Gesamteindruck verschaffen. Es handelt sich um verhältnismäßig kleine Schokoladentafeln von 35 Gramm. Eine solche Schokoladentafel kostet ca. 4 Euro - durch die verhältnismäßig kleine Produktionsstätte, wo noch viele Arbeitsschritte mit den Händen selbst durchgeführt werden, ist dieser Preis nachvollziehbar.

 

Dunkle Single-Origin Schokoladen (Marco Colzani) im Geschmackstest

 

Meine Bewertungskriterien:

(A) Duftaromen: 18 / 18 Punkte

(B) Geschmacksaromen: 48 / 48 Punkte

(C) Optik: 3 / 3 Punkte

(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte

(E) Zutaten: 18 / 18 Punkte

(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte

(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte

 

Amaro Porcelana Venezuela 70%

Kakaoherkunft: Venezuela, Maracaibo-Region

Kakaosorte: Porcelana (Criollo)

 

A) Duftaromen: intensiv fruchtig (dezent fermentierte rote Früchte, Pflaumen, Trauben), erdige Noten 15/18

B) Geschmacksaromen: nussig, viel Rahm und süße Sahne, rote Früchtemischung, Trauben, Pflaumen, sehr milder und gleichzeitig intensiv schokoladiger Charakter 45/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) Kakaomasse, Rohrzucker 18/18

F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 94/100

 

Fazit: Diese Porcelana-Interpretation von Marco Colzani muss man unbedingt probieren. Nicht gerade Porcelana-typisch weist die Schokolade neben exzellenten nussig-rahmigen Aromen eine große Vielfalt an interessanten Fruchtnoten auf. Aus meiner Sicht ist es die zurzeit bestschmeckende und zugleich mildeste Schokoladensorte aus dem Amaro-Sortiment - eine besonders positive Bereicherung in der Schokoladenwelt.

 

Amaro Trinidad Moruga 70%

Kakaoherkunft: Trinidad, Region Moruga, Kleinbauernkooperativen

Kakaosorte: ortstypische Kakao-Selektion

 

A) Duftaromen: exotische Früchte (Papaya, Ananas, Passionsfrucht) 15/18

B) Geschmacksaromen: exotisch-tropische Fruchtexplosion (Papaya, Ananas, Feigen, Süßkirschen, Maracuja und leichter Bananen-Abgang) 45/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) Kakaomasse, Rohrzucker 18/18

F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 94/100

 

Fazit: Gleichauf mit der Porcelana ist auch die Trinidad-Schokolade eine vollaromatische Schokolade, die mit zahlreichen Aromen tropischer Früchte und Kirschen punktet. Die Art und Weise, wie hier die exotische Fruchtnoten ausgedrückt werden, scheint mir in positiver Hinsicht einzigartig zu sein.

 

Amaro Kolumbien Cimitarra 75%

Kakaoherkunft: Kolumbien, Gemeinde Cimitarra, Kleinbauernkooperativen

Kakaosorte: ortstypische Kakao-Selektion (Trinitario-Varietäten)

 

A) dezent fruchtige Aromen, Honignoten, leichte erdige Noten 15/18

B) Geschmacksaromen: zu Beginn neutral-fruchtige Aromen, dezente Tropenfrüchte, Kaffeenoten, Karamell, Honiganklänge 44/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) Kakaomasse, Kokosblütenzucker 18/18

F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 93/100

 

Fazit: Eine trotz 75% Kakaoanteil erstaunlich milde Schokolade mit Kaffee-, Karamell-, und Honigaromen, die von dezenten Fruchtnoten begleitet wird.

 

Amaro Kuba Baracoa 75%

Kakaoherkunft: Kuba, Region Baracoa, Kleinbauernkooperativen

Kakaosorte: ortstypische Kakao-Selektion

 

A) Duftaromen: fermentierte Früchte, dezente Zitrusfruchtaromen, erdige und ledrige Noten 15/18

B) Geschmacksaromen: fermentierte Früchte, Zitrusfrüchte, ledrige Komponente 42/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) Kakaomasse, Rohrzucker 18/18

F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 91/100

 

Fazit: Diese Schokolade aus kubanischen Kakaobohnen zeichnet sich vor allem durch Aromen fermentierter Früchte sowie ledriger Noten aus - es ist keineswegs eine schlechte Schokolade, obwohl die Aromentiefe hier ein bisschen bescheidener ausfällt.

 

Amaro Elfenbeinküste 70%

Kakaoherkunft: Elfenbeinküste, Kleinbauernkooperativen

Kakaosorte: ortstypische Kakao-Selektion

 

A) Duftaromen: nussig, erdig, dezente Fruchtnoten 15/18

B) Geschmacksaromen:  angenehm nussig, intensiv schokoladiger Grundcharakter, Rahm, blumige Anklänge, Maronen, leichte Schwarzteenoten 43/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) Kakaomasse, Rohrzucker 18/18

F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 92/100

 

Fazit: Es ist erstaunlich, wie hocharomatisch, mild und schmackhaft eine dunkle Schokolade aus einfachstem Forastero-Kakao aus der Elfenbeinküste sein kann. Die milde und trotzdem kakaobetonte Schokolade mit diversen positiven Aromen gehört ohne Zweifel zu den besten Schokoladen, in der Kakao aus diesem westafrikanischen Land verwendet wird - eine magische Meisterleistung von Marco Colzani.

 

Amaro Dominikanische Republik Öko Caribe 72%

Kakaoherkunft: Dominikanische Republik, Region Cibao, San Francisco de Macoris, Kleinbauernkooperative "Öko Caribe"

Kakaosorte: ortstypische Kakao-Selektion

 

A) Duftaromen: intensiv fruchtig - fermentierte rote Früchte, erdige Noten 15/18

B) Geschmacksaromen: rote Früchte, intensive fermentierte Fruchtaromen, Karamellnote 43/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) Kakaomasse, Rohrzucker 18/18

F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement; Bio-Kakao 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

 

Gesamtpunkte: 92/100

 

Fazit: Die kräftigen fruchtig-fermentierten Aromen in dieser Schokolade sind charakteristisch für die Dominikanische Republik. Die Karibikinsel gehört zu den mittlerweile bedeutendsten Anbauländern, das sich auf Bio-Kakao spezialisiert hat. Die fruchtige Interpretation von Marco Colzani spiegelt sehr gut den karibischen Flair wieder.

 

Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladenblogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.

Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladenempfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann. Zurzeit sind die Schokoladen von Marco Colzani in zwei deutschen Schokoladenfachgeschäften online erhältlich: "1001 Sense" in München sowie "Xocoatl" in Wiesbaden.