Kallari - nachhaltiger Regenwaldschutz durch Schokoladenproduktion

Die Kleinbauerngenossenschaft Kallari aus dem Amazonasgebiet Ecuadors stellt schon seit 1997 eigenständig im eigenen Land hochwertige Gourmet-Schokoladen aus eigens gepflegtem Kakao her. Vom Kakaobaum bis zur fertigen Schokoladentafel - die komplette Produktionskette liegt in der Verantwortung der Kakaobauern. Weder Zwischenhändler noch schwankende Weltmarktpreise für Kakao haben einen Einfluss auf ihre Einkommen. Somit leisten auf diesem Gebiet (Tree-to-Bar) die ecuadorianischen Kichwa-Indianer maßgebliche Pionierarbeit, die sich nachzuahmen lohnt. Inzwischen gibt es weltweit mehrere Kakaoprojekte dieser Art - und immerhin befindet sich dieser Trend in einer Aufwärtsspirale. Die hohe Aromenqualität der Produkte und der damit erzielte Regenwaldschutz sprechen für sich. Eine noch nachhaltigere Schokoladenproduktion ist kaum möglich.

 

Kallari ist eine Kleinbauernkooperative, die aus 850 indigenen Kichwa-Mitgliedsfamilien aus dem ecuadorianischen Amazonasgebiet am Fluss Rio Napo besteht. Auch die Förderung der Frauen hat hier große Priorität, denn sie sind die meisten Mitglieder und Herzstück der Familien.  Das Wort "Kallari" bedeutet in der Kichwa-Sprache "Vergangenheit und Beginn". Diese Devise bezieht sich auf das Ziel der indianischen Kakaobauern, mit der kompletten Schokoladenproduktion vor Ort einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung der komplexen Biodiversität mitsamt ihrer traditionellen Lebensweise und Kultur in Harmonie mit der Natur, die sich im tropischen Regenwald abspielt, zu leisten.

Die Kichwa-Indianer sind davon überzeugt, dass ökologische Nachhaltigkeit gepaart mit sozialer Fairness und der Bewahrung von Natur und Traditionen sehr wohl in einer globalisierten Welt möglich sind. Dem Umwelt- und Klimaschutz kommt dieser ehrgeizige Ansatz nur zugute.

 

 

Traditionelle "Chakra"-Anbauweise des Kakaos in Mischkulturen

 

Die Kichwa-Indianaer bauen mitten im Regenwald den Kakao traditionell nach "Chakra"-Art in seiner natürlichen Umgebung in kleinen Gärten und zusammen mit vielen anderen Nutzpflanzen an. Kultiviert werden alte heimische Kakaosorten - weitgehend der berüchtigte und schon fast ausgestorbene Nacional-Kakao, der mit seinen blumigen Aromen nur in Ecuador gedeiht. Durch die agroforstwirtschaftlichen Methoden in Mischkulturen nehmen die Kakaobäume die komplexe Geschmacksvielfalt der Natur auf, die sich daraufhin in besonders aromatischen Kakaobohnen, die diverse blumige und fruchtige Noten aufweisen, widerspiegeln. Auch die in den Schokoladen verwendete Vanille, wird von der Kleinbauern-Kooperative selbst angebaut.

Die anschließend notwendigen Nachernteverfahren wie Fermentation und Trocknung werden vor Ort auf professionelle Art und mit viel Präzision und Know-how durchgeführt.

 

 

 

Die Schokoladenproduktion erfolgt in Quito, der Hauptstadt Ecuadors, in der Schokoladenfabrik "Ecuatoriana de Chocolates". Dort werden die Kakaobohnen schonend weiterverarbeitet, wo zusammen mit Rohrzucker und heimischen Vanilleschoten in mehreren Herstellungsschritten die fertigen Schokoladentafeln entstehen. Bei der Produktion wird ebenso darauf geachtet, dass die Röst- und Conchierzeiten möglichst kurz gehalten werden, damit die charakteristischen Blumen- und Fruchtaromen der Kakaobohnen erhalten bleiben, nicht wünschenswerte Fehlaromen aber beseitigt werden.

Neben dem Kallari-Hauptsortiment, das aus puren Dunkelschokoladen mit einem Kakaoanteil zwischen 70 und 85 Prozent sowie aus zahlreichen weiteren Sorten mit unterschiedlichen exotischen Zutaten wie Trockenfrüchten und Gewürzen besteht, werden zusätzlich von Hand gefertigte, kürzer conchierte Tafeln unter der Bezeichnung "Sacha" mit einem wilderen und intensiveren Aromenspektrum in limitierter Auflage hergestellt. Auffällig ist insbesondere bei den besser erhältlichen Standardschokoladen von Kallari eine verhältnismäßig hohe Kakaobutterzugabe und Vanilledosierung. Die höhere Hinzufügung von zusätzlicher Kakaobutter ist wohl auf den bewussten Verzicht von Emulgatoren wie Sojalecithin zurückzuführen. Eine ähnliche, wenn gar nicht so dominante Herangehensweise, wird von der französischen Schokoladenmanufaktur Bonnat gehandhabt. Möglicherweise ist es Kallari derzeit technisch noch nicht möglich, die Kakaobutterzugabe stärker zu reduzieren. Die Schokoladen, die ohnehin bereits jetzt schon fein-aromatisch sind, könnten so sicherlich noch ein bisschen mehr an Aromentiefe gewinnen, vergleichbar mit der Geschmackskomplexität, die bereits in den limitiert hergestellten "Sacha"-Schokoladen vorhanden ist. Meines Erachtens wird auch durch den tendenziell hohen Vanille-Einsatz in den Schokoladen das mögliche Aromenpotenzial der besonderen Kakaobohnen nicht vollständig ausgenutzt. Das von der Vanille herrührende Aroma ist derart dominant, dass die Kakaoaromen nicht vollständig zur Entfaltung kommen können. Zwar werden in Nord- und Mitteleuropa oder in den Vereinigten Staaten und vermehrt auch immer mehr in den südeuropäischen Ländern dunkle Schokoladen ohne Vanille bevorzugt, in Ecuador jedoch wird dieses kostbare Gewürz grundsätzlich für alle oder zumindest für viele Schokoladen verwendet.

Es gibt zwar wenige Ausnahmen in Ecuador wie beispielsweise das Gourmet-Schokoladenunternehmen Pacari, deren Produkte bewusst keine Vanille enthalten, diese sind aber verstärkt auf den mitteleuropäischen und nordamerikanischen Markt zugeschnitten. Vergleichbar mit den Präferenzen in Norditalien ist Vanille in Ecuador in Verbindung mit Schokoladenprodukten äußerst beliebt und wäre somit wegen einer regionaltypischen Kulinarik-Tradition kaum wegzudenken. Man würde so eine damit einhergehende traditionelle Konditors-Mystik zunichte machen. Auf deutsche Verhältnisse übertragen wäre das so, wie wenn man Nürnberger Elisenlebkuchen plötzlich ohne Weihnachtsgewürze herstellen oder Bratwürste ohne Senf esse müsste.

Da Zwischenhändler komplett ausgeschaltet sind und die gesamte Wertschöpfungskette in Ecuador stattfindet, bietet Kallari umso mehr ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Je eine 70-Gramm-Tafel aus dem Kallari-Sortiment kostet ca. 4 Euro. Die aus einer kleineren Produktionsstätte kommenden Sacha-Tafeln sind bei einem Preis von etwa 3,80 Euro pro 50 Gramm schon etwas teurer, aufgrund der aufwändigeren Herstellung aber ihr Geld wert.

 

 

Kallari mit Präsenz in Deutschland: Kichwa-Indianerin Raquel Cayapa gründet Geschäftsstelle in Tübingen

 

Um die Schokoladen besser zu vermarkten und deutschen wie europäischen Kunden zugänglicher zu machen, hat die Ecuadorianerin Raquel Cayapa eine eigene Kallari-Geschäftsstelle in Deutschland (Kallari Futuro) mit Sitz in Tübingen gegründet. Die sympathische Geschäftsführerin stammt selbst aus einer Kichwa-Familie. Sie wuchs in Tena auf, einer kleinen Stadt im Amazonasgebiet Ecuadors. Ihre Familie pflegt seit vielen Generationen die Kichwa-Kultur und -Lebensweise. Aus diesem Grund ist Raquel die traditionelle Chakra-Anbauweise von Kakao, aber auch anderer Pflanzen wie Guayusa und Maniok, nichts Fremdes. Trotz alledem wurde ihr auch eine moderne Ausbildung, unter anderem das Erlernen von Fremdsprachen, ermöglicht. So spricht die gebürtige Ecuadorianerin nahezu perfekt Deutsch. 

Sie ist in ständig engem Kontakt zur Kallari Kleinbauergenossenschaft, zumal ihre Mutter und Tanten Mitglieder der Kooperative sind. Als Naturschutz- und Nachhaltigkeitsenthusiastin setzt sich die Kakaoexpertin mit viel Herz für das allumfassende Kakaoprojekt von Kallari auf dem europäischen Markt ein, auch mittels regelmäßiger Vorträge und durch Teilnahmen an verschiedenen Veranstaltungen wie z. B. mit der Präsenz auf der Tübinger chocolART, Deutschlands größtem internationalen Schokoladenfestival.

 

Im Folgenden gebe ich meine persönliche Meinung zu jeweils drei klassischen Dunkelschokoladen (70%, 75%, 85%) aus der Standard-Kallari-Reihe sowie der spezielleren "Sacha"-Kollektion, die ich in Bezug auf ihren Geschmack getestet habe. Für alle Schokoladensorten verwendet Kallari stets die gleiche Kakaobohnenmischung von der Kleinbauernkooperative aus der Amazonasregion Napo, die sich aus insgesamt 21 Regenwaldgemeinden zusammensetzt.

 

Die dunklen Kallari- und Sacha- Schokoladen im Geschmackstest

 

Meine Bewertungskriterien:

(A) Duftaromen: 18 / 18 Punkte

(B) Geschmacksaromen: 48 / 48 Punkte

(C) Optik: 3 / 3 Punkte

(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte

(E) Zutaten: 18 / 18 Punkte

(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte

(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte

 

Kallari 70%

 

MHD 08/2018, Charge 170222CK70

Kakaoherkunft: Ecuador (Kichwa-Indianer)/Region am Rio Napo

Kakaovarietät: v. a. heimischer Nacional/Arriba

 

A) Duftaromen: Vanille, grasige und blumige Noten 14/18

B) Geschmacksaromen: zuerst viel Vanille, grasig, gezuckerte Kräuter, Karamell, kräuteriger Abgang 42/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) sehr gut 18/18

F) sehr gut: Bio, Fair, nachhaltiges Umweltschutzkonzept 4/4

G) Gesamturteil: 6/6

 

Gesamtpunkte 90/100

Kallari 75%

 

MHD 03/2018, Charge 170313CK75

Kakaoherkunft: Ecuador (Kichwa-Indianer)/Region am Rio Napo

Kakaovarietät: v. a. heimischer Nacional/Arriba

 

A) Duftaromen: Vanille, erdig, würzig, blumige Noten 14/18

B) Geschmacksaromen: Vanille im Vordergrund, erdig, rote Früchte, grasig-blumig, Mohn 43/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) sehr gut 18/18

F) sehr gut: Bio, Fair, nachhaltiges Umweltschutzkonzept 4/4

G) Gesamturteil 6/6

 

Gesamtpunkte 91/100

Kallari 85%

 

MHD 03/2018, Charge 170303CK85

Kakaoherkunft: Ecuador (Kichwa-Indianer)/Region um Rio Napo

Kakaovarietät: v. a. heimischer Nacional/Arriba

 

A) Duftaromen: Vanille, blumige, grasige Noten 14/18

B) Geschmacksaromen: Vanille im Vordergrund, grasig-blumig, rote Früchte, Orangennoten, fermentierte Anklänge, würzig im Abgang mit leichter Schärfe, kaum bitter trotz hohen Kakaogehalts 43/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) sehr gut 18/18

F) sehr gut: Bio, Fair, nachhaltiges Umweltschutzkonzept 4/4

G) Gesamturteil 6/6

 

Gesamtpunkte 91/100

 

 

Kallari Sacha Sisa's Secret 70 %

 

MHD 07/2018, Charge 170127

Kakaoherkunft: Ecuador (Kichwa-Indianer)/Region am Rio Napo

Kakaovarietät: v. a. heimischer Nacional/Arriba

 

A) Duftaromen: Vanille, fermentierte Früchtemischung 15/18

B) Geschmacksaromen: nussig, würzig, Mohnaromen, rote Früchte, Fruchtsäure-Abgang 43/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) sehr gut 18/18

F) sehr gut: Bio, Fair, nachhaltiges Umweltschutzkonzept 4/4

G) Gesamturteil 6/6

 

Gesamtpunkte 92/100

Kallari Sacha Roberto' Recipe 75 %

 

MHD 07/2018, Charge 170127

Kakaoherkunft: Ecuador (Kichwa-Indianer)/Region am Rio Napo

Kakaovarietät: v. a. Nacional/Arriba

 

A) Duftaromen: Vanille, grasig-blumig 14/18

B) Geschmacksaromen: Vanille, rote Früchte, blumige Noten, Mohn im Abgang 42/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) sehr gut 18/18

F) sehr gut: Bio, Fair, nachhaltiges Umweltschutzkonzept 4/4

G) Gesamturteil 6/6

 

Gesamtpunkte 90/100

Kallari Sacha Sinchi Supreme 85 %

 

MHD Charge 08/04/2018

Kakaoherkunft: Ecuador, Provinz Napo, Kleinbauernkooperative Kallari

Kakaovarietät: v. a. heimischer Nacional/Arriba

 

A) Duftaromen: intensiv vegetabil (blumig, grasig), Orangenblüten 15/18

B) Geschmacksaromen: zu Beginn herber Eindruck, intensiv schokoladig, viele grüne Akzente (Gras, Kräuter, Blumen), später viel Orangenfrucht 44/48

C) sehr gut 3/3

D) feinschmelzend 3/3

E) Kakaomasse, Rohrzucker, Kakaobutter, Vanille: sehr gut 18/18

F) sehr gut: nachhaltiges Umweltschutzkonzept 4/4

G) Gesamturteil 6/6

 

Gesamtpunkte: 93/100

 

Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladenblogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.

Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladenempfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann. Am leichtesten bekommt man die Schokoladen direkt über den eigenen Kallari-Onlineshop, der mit "Kallari Futuro" einen deutschen Sitz hat.

Auch sind Kallari-Schokoladen in der Regel in vielen Schokoladenfachgeschäften und augesuchten Fairtrade-Läden erhältlich.